Satya Singh

Lineage and Legacy

Es gibt in der Yoga Philosophie zwei Begriffe, die ich gerne nutzen möchte, um mich Euch vorzustellen: auf Englisch klingen sie sehr schön: "Lineage" und "Legacy". In der deutschen Übersetzung geht die Alliteration leider verloren und es wird daraus frei übersetzt "Werdegang" und "Vermächtnis". Trotzdem sind sie nützliche Begriffe.

Lineage / Werdegang

1949-1975

Ich wurde 1949 in Haarlem geboren, einem kleinen Städchen ähnlich wie Amsterdam, tatsächlich an einer Gracht, wie die holländischen Wasserwege in der Stadt genannt werden.

Meine Eltern waren beide Einwanderer aus der Provinz West-Friesland im Norden der Niederlande. In unserer klar holländischen Umgebung wurde bei uns Zuhause und in unserer Familie Friesisch (eine eigene Sprache!) gesprochen und vielleicht habe ich dadurch doch etwas von der Entfremdung eines Einwanderer-Kindes mitgekriegt.

Schon bald zog die Familie nach Amsterdam, wo mein Vater Lehrer in Lithographie wurde, an einer graphischen Fachoberschule. Ich habe schon oft darüber nachgedacht, wie sehr ich trotz meiner radikalen Hinwendung zum Kundalini Yoga und zum Sikh Dharma (keine Religion, aber eine Lebenslehre) doch in den Lehrer-Spuren meines Vaters und in seiner protestantischen Ethik weitergestapft bin...

Aber erstmal war ich ein sehr braver Schüler, der - und das mache ich noch immer - alles las, was er in die Finger kriegen konnte. Ich war sehr durch meinen ruhelosen Geist getrieben, was sich erst sehr viel später durch eine lange Zeit der Yogapraxis zu einem inneren Frieden entwickelt hat.

1968 fing ich an zu studieren, natürlich Soziologie, das Mode-Thema jener Zeit, aber mit einer - hinterher betrachtet - interessanten Begründung, an die ich mich noch gut erinnere: Ich wollte die Gesellschaft studieren, damit ich einen Platz in ihr finden würde, der mir gefiel.

Die sechziger Jahre waren so steif, so sehr am Materiellen oreintiert, dass meine Generation es tatsächlich kaum ausgehalten hat. So experimentierte ich in der Studentenbewegung unter anderem mit Anarchismus und alternativen Lebensformen, um schließlich auf einer sehr interessanten, selbstverwalteten Heilpraktikerschule in Bloemendaal in der Nähe von Amsterdam zu landen, wo die Hauptfächer Homöopathie, Astrologie, Kräuterheilkunde und Massage waren. Für mich war diese Schule eine echte Lebens-Schule, ich habe dort sehr viel über mich selbst und für mein eigenes Leben gelernt.

Inzwischen hatte ich mich auch verliebt in Kundalini Yoga. Und nicht nur darin ...

Der nächste Teil meiner Geschichte kommt aus dem Vorwort des neuen Buches über "Yoga und Liebe", das ich gerade mit Simran Kaur zusammen schreibe.

Yoga und Liebe - 1975-1984

1975 war ich fünfundzwanzig Jahre alt. Damals führte ich ein vielleicht typisch männliches, rein graphisches Tagebuch. Jeden Abend zog ich den horizontalen Null-Glücklich-Null-Unglücklich-Strich, der den Zeitablauf eines Tages darstellte. Darüber malte ich dann meine Kurve des Tages - über dem Strich: glücklich, unter dem Strich: unglücklich. Bald wurde mir auch ohne große statistische Bewertung klar, dass ich meine Kurve wirklich nur hoch kriegte durch Yoga – ich hatte damals gerade Kundalini Yoga nach Yogi Bhajan angefangen. Also machte ich Yoga immer öfter und radelte schließlich vier Mal die Woche zum Yoga Ashram in Amsterdam. Dort wurde zu der Zeit hauptsächlich aus Idealismus unterrichtet - am Eingang des Yogaraums gab es ein Körbchen mit einem Kärtchen: empfohlene Spende 2 Gulden (=1 Euro). Das konnte ich mir leisten. So hielt ich meine Glückskurve jahrelang unter Kontrolle.

Das ging so, bis ich als regelmäßiger Besucher die Bewohner des Ashrams kennen und lieben gelernt hatte, besonders die Yoginis, die weiblichen Yogis... Das brachte meine Glückskurve für lange Zeit durcheinander. Der "Guru Ram Das Ashram" in Amsterdam war zwar ein keuscher, vielleicht sogar etwas strenger Ort, voller ungeschriebener Gesetze: nur verheirateten Paaren sind intime Begegnungen und Berührung wie z.B. Massagen gestattet / wenn ein Mann und eine Frau, die nicht verheiratet sind, allein in einem Zimmer sind, soll immer die Tür offen bleiben / keine „ein Mann – eine Frau“ Ausflüge, usw.

Trotzdem …. wir waren alle jung, gesund, voller Testosteron, Östrogen und Oxytocin  - und nach der yogischen Lehre würde man sagen auch voller „Ojas“, der verfeinerten und sublimierten Sexualenergie.  Und obwohl die jährliche Übung des Weißen Tantra Yoga, die damals noch durch Yogi Bhajan selbst angeleitet wurde, auch sehr keusch war - Männer und Frauen zwar in stundenlangem Augenkontakt, aber sich höchstens in gemeinsamen Hand-Mudras berührend - trug doch die große Nähe, die das mit sich brachte, nicht gerade dazu bei, die Yogi/Yogini Attraktion zu verringern.

So bekamen meine Lehrjahre als Yogi eine neue Intensität. Und es war vielleicht nicht nur das Suchen nach Erleuchtung aber auch das Suchen nach Liebe, dass mich nach vier Jahren intensivem Yoga dazu brachte, mein komfortables Studentenzimmer in der Stadt für ein winziges, mit anderen Männern geteiltes Zimmer im Ashram einzutauschen. Im Nachhinein betrachtet stimmt es schon, dass ich bei dieser Entscheidung bereit war, alles Weltliche hinter mir zu lassen, aber dazu gehörte für mich deutlich nicht die Liebe.

Liebe ansich war im Ashram gerne gesehen, und es gab in der Gemeinschaft ein paar Paare, die ein ziemlich gutes Beispiel für harmonische Beziehungen abgaben. Sie hatten Kinder, die offensichtlich von allen wie eigene Kinder geliebt wurden. Wir Ashram-Mitglieder gaben uns auch große Mühe mit unseren eigenen Eltern - was ja eine der größten Herausforderungen der Liebe ist - wenn Du denkst, dass Du erleuchtet bist, geh deine Eltern besuchen. Die Liebe zwischen Frauen und Männern jedoch durfte nach Ashram-Regeln nur in der Form einer für das Leben verbindlichen Beziehung gelebt werden (gleichgeschlechtliche Beziehungen waren zu der Zeit noch keinThema). Die Begründung dafür ist, dass die Liebe, als Ehe gelebt, der effektivste Weg ist, Dein Ego beiseite zu schieben. Das Rezept dazu ist einfach: Binde Dich an eine andere Seele. Wirf den Schlüssel weg. Koche Dein Ego in dem Hochdrucktopf, der dann entsteht.

Das leuchtete mir ein. Es fiel mir nicht schwer, die Ideologie der freien Liebe, die damals in meinen Studenten-Kreisen gelebt wurde, die mir aber nur Elend gebracht hatte, über Bord zu werfen. So begann ich gleich am Anfang meiner Ashram-Zeit, nach einer verbindlichen Partnerschaft zu suchen. Da ich aber bei dieser Partnersuche trotz der intensiven Yogapraxis alles andere als neutral und entspannt war, hinterließ ich eine Spur von Scherben gebrochener Herzen - hauptsächlich meines eigenen. Es kam nämlich in unserem Ashram zwar ein Strom interessanter junger Frauen vorbei, die eine Weile im Frauen-Zimmer wohnten, und so war ich fünf Jahre lang bereit, immer wieder neuen Kandidatinnen mein Herz zu schenken. Aber keine davon konnte oder mochte der doch relativ harten Yoga-Disziplin des Ashrams auf Dauer standhalten, die ich selbst so lieben gelernt hatte.

Später hörte ich, dass ich mir in diesen Jahren, als bei unseren jährlichen Yoga Festivals jeweils eine andere Partnerin mein Yoga-Schaffell getragen hatte, einen ziemlich schlechten Ruf aufgebaut hatte - eine Art Yoga-Gigolo. Das war aber so unfair! In jeder dieser Beziehungen hatte ich mich strikt an die Ashram-Regeln gehalten und hatte die lautersten Absichten einer festen Beziehung - diese aber wurde immer wieder durch die Ashram-Abreise meiner potentiellen Partnerin zerstört.

Zwar wurde bei dieser Serie Beziehungskrisen meine Nervosität durch das viele Chanten, Meditieren und die Yogaübungen gelindert, es blieb aber trotzdem eine schmerzhafte Angelegenheit. Irgendwann hatte ich dann genug davon. Ich war inzwischen erfolgreich als Yogalehrer, war aus dem eigentlichen Ashramgebäude ausgezogen und hatte über unserem gemeinschaftlich betriebenen vegetarischen Restaurant „Golden Temple“ eine kleine Wohnung ergattert und traf die Entscheidung: Ich kann es auch alleine. Ich brauche keine Beziehung…

Im Nachhinein betrachtet hatte ich damit, ohne es zu wissen, eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Beziehung erfüllt. Entspanne dich. Mache dich für dein Glück nicht abhängig von einer Beziehung. Sorge in erster Linie für eine gute Beziehung zu dir selbst. Und dann, lasse es einfach auf dich zukommen. Und so entstand wenige Monate später, ganz spontan und anscheinend zufällig, die gute, auf gegenseitiger Unterstützung beruhende Beziehung zu meiner Frau Simran Kaur, die jetzt schon über dreißig Jahre währt.

Interview mit Satya Singh auf yogamehome

Er ist ein stiller Lehrer.

Yogi Bhajan

1984 bis jetzt

Interessant in unserer Ehe war die parallele Entwicklung der Sprache und der Beziehung. Als wir uns beim Europäischen Yoga Festival in Frankreich begegneten, und auch im ersten Jahr nachdem wir geheiratet hatten, sprachen wir Englisch, weil ich kaum Deutsch sprach - ich hatte zwar Deutsch in der Schule gelernt, aber das Fach war im Nach-Kriegs-Holland eher unbeliebt. Simran Kaur zog dann zu mir in den Ashram nach Amsterdam, lernte Niederländisch und sprach bald mehr mit meinen Eltern als ich das selbst je geschafft hatte. Das war unsere holländische Zeit. Dann zogen wir beide nach Hamburg, zunächst in den Ashram, der sich damals in der Isestraße befand, weil Simran Kaur noch das Referendariat am Gymnasium als Deutsch- und Geografie-Lehrerin absolvieren wollte. Jetzt lernte ich Deutsch - mit holländischem Akzent - und seitdem sprechen wir im Alltag Deutsch miteinander.

Es gefiel mir in Deutschland viel besser als ich, der vier Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges in den Niederlanden geboren wurde, gedacht hätte. Ich fand die Leute, besonders in Yoga-Kreisen, sehr bewusst, offen und nachdenklich.

So leben wir in Hamburg und freuen uns an unserem lebendigen Yogazentrum. Noch zu Zeiten des Ashrams in Hamburg habe ich angefangen, die Kundalini Yoga LehrerInnenausbildung  in ganz Deutschland zu organisieren, wo sie jetzt an ca 20 verschiedenen Orten angeboten wird. Mittlerweile habe ich fünf Bücher auf Deutsch geschrieben - und das ist ein guter Moment, um Simran Kaur als unermüdlicher Korrektorin zu danken.

Legacy / Vermächtnis

Es gibt im Kundalini Yoga die Vorstellung, dass jeder Mensch seine Bestimmung in sich trägt und davon zumindest eine Ahnung hat, wenn vielleicht auch kein Bewusstsein.

Diese Bestimmung betrifft einerseits den eigenen Entwicklungs- und Bewusstwerdungsprozess, andererseits geht es um unseren Beitrag zum Leben und zum Wohle aller. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Beitrag groß oder klein ist - es ist unser Puzzlestück, das genau in die leere Stelle im Universum hineinpasst, die dafür vorgesehen ist.

Deshalb sind die Spuren, die ein Mensch auf die Erde hinterläßt, sehr wichtig. Und so möchte ich gerne das, was ich im Laufe der Jahre meines Lebens verstanden und entwickelt habe, weitergeben.

Dazu gehören die Bücher, die ich als Autor geschrieben habe, die CD's und DVD's, die ich als Musiker und Yogalehrer produziert habe und noch produzieren werde.

Bücher
CDs
DVDs

So wirst Du auf dieser Webseite Menüpunkte finden wie "Free Mantra Project" und "Free Relaxation Project", in denen ich immer wieder neue Entspannungsanleitungen und neue Musik zum Hören und gratis Downloaden anbieten werde. Was die Musik betrifft: hier ein großes Dankeschön an meine Tochter Satnam Kaur für ihre Unterstützung mit ihrer zauberhaften Stimme und ihrem Improvisations-Talent. Und wo ich gerade beim Danken bin, auch ein großes Dankeschön an Nina Stiller, die Fotografin, die die wunderbaren Fotos für diese Webseite aufgenomen hat, und an das Universum, das sie genau rechtzeitig zu uns geschickt hat.

Free Mantra Project
Free Relaxation Project

Diese Projekte sind für mich Ausdruck der Dankbarkeit, die ich empfinde für das Geschenk des Lebens und für alles, was ich durch meinen Lehrer Yogi Bhajan und unsere Tradition bekommen habe. Ich schenke es gerne weiter.

Yogazentrum Hoheluft
Breitenfelder Straße 8
20251 Hamburg

fon +49 40 4604756
ed.tfulehohagoy@ofni